Grandioses Schülerkonzert der Jazz-Formation „Triosence“ an der MLS

Gleich zwei Premieren feierte das Jazz-Trio am Donnerstag in Marburg.

Von Betina Griesel

Marburg. Am Vormittag gab das Trio um den Kasseler Pianisten Bernhard Schüler sein Debüt vor 100 Schülerinnen und Schülern in der Aula der Martin-Luther-Schule. Im Rahmen ihrer großen Deutschlandtournee in über 60 Städten folgte Triosence einer Einladung der Fachschaft Musik an die MLS. Schüler der Oberstufe und des Schwerpunkts Musik kamen so in den Genuss einer besonderen Musikstunde mit Vortrag und Konzert. „Ein Schülerkonzert haben wir bisher noch nie gegeben und wir waren total überrascht, wie aufmerksam die Teenager waren“, so Schüler. Schon nach dem ersten Stück war der Funke auf die Schülerschaft übergesprungen, die bis dahin noch nie Trio-Jazz live gehört hatte. Schüler berichtete in seinem Vortrag über die Bedeutung der Formen- und Harmonielehre für seine kompositorische Arbeit. Alle seine Stücke entstehen am Klavier durch Improvisationen, die von seinen Erlebnissen, Eindrücken oder Stimmungen angetrieben werden.

„Am Beginn steht oft nur eine Melodie, dann beginnt die Arbeit am Stück und die Theorie hilft mir bei der Strukturierung der Songs“. Der Weg der Melodie führt theoretisch von der Tonika über die Spannung erzeugende Subdominante, erreicht bei der Dominante bereits wieder eine Spannungslösung, bevor er „nach Hause“ zur Tonika zurückkehrt. Ausharmonisiert wird im Jazz eben nicht mit reinen Dreiklängen, sondern mit um 2 und mehr erweiterten Tönen, die den Dreiklang immer mehr entfremden. Schüler zeigte am Beispiel eines taiwanesischen Volksliedes die Verwandlung einer simplen Melodie in eine typische Triosence-Version. Das Ergebnis war genauso Stil-Studie wie Auftragswerk der Taiwanesischen Regierung; Anlässlich der 100-Jahrfeier Taiwans bekam Schüler vor 2 Jahren den Zuschlag für die Überarbeitung ausgewählter Volkslieder für den Staatsakt.

Begeistert zeigten sich die MLS-Schüler von den Soli der drei Musiker, insbesondere denen des Schlagzeugers. Stephan Emig integriert neben zahlreichen Percussions sich selbst als Klangkörper in sein Set, was in Verbindung mit seiner hochvirtuosen Spielweise ungläubiges Staunen hervorrief. Emig demonstrierte meisterhaft, wie einige der Instrumente seines Sets zu spielen sind: Cajon, Jambé oder auch nur die kleinsten Bausteine, seine Shaker. „Jeder Schlagzeuger sollte mindestens einen Shaker haben“, so Emig „denn in jedem Shaker steckt das Wesen eines ganzen Songs“…

Matthias Nowak entlockte seinem Bass ebenfalls ungewöhliche Klänge: Er strich, zupfte, schlug und zitterte, verzichtete dabei aber auf ruppige Showeffekte, die man von anderen Bassisten schon oft gesehen hat. Mit seinem konzentrierten und humorvollem Spiel nahm er die Schülerschaft für sich und wohl auch für sein Instrument ein, dessen verstaubtem Image er durch sein Spiel den Garaus machte.

Das Jazz-Liebhaber-Publikum der Waggonhalle, vor dem das Trio abends seine offizielle Marburg-Premiere gab, zeigte sich durchweg begeistert und entließ die drei Musiker erst nach über zwei Stunden Spielzeit von der Bühne. Triosence stellte seine neue CD „Turning Points“ vor, die u.a. vom „Stern“ mit 5 Sternen die Höchstbewertung bekam. Der „Stern“ nennt die drei Musiker „die neuen jungen Gesichter des deutschen Jazz“ und den „neuen Meilenstein in Sachen Jazztrio“. „Eigentlich machen wir keine klassische Trio-Musik“, so Schüler, der seine Musik als „Song-Jazz“ bezeichnet. Seine liedhaften Melodien bilden den Kern seiner Kompositionen, die mit der ganzen Bandbreite von zart bis feurig-virtuos seinem Publikum unter die Haut fahren – Jazz-Neulingen wie Liebhabern. Man hört sich ein und mit jedem Stück wächst der Wunsch nach mehr. Mehr von dem ‘Sence’ von Triosence.

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