Theaterabend an der MLS 2018

Jede Menge Theater an der Martin-Luther-Schule

Der Theaterabend zum Schuljahresabschluss wurde diesmal von vier unterschiedlichen Ensembles gestaltet. Den Auftakt zu einem alles andere als harmlosen Abendvergnügen gab die Theater-AG der Unterstufe unter der Leitung von Ariane Kolckmann. Lady Cecilia de Canterville, gespielt von Yara Fritzenwalder, versucht seit Jahren vergeblich zu schlafen und schaut, mehr als nur leicht neidisch, auf die arglos schlafende Familie Otis. Kettenrasseln und „huh-huh“ -Rufe versetzen die Besucher aus Amerika leider überhaupt nicht in Angst und Schrecken, im Gegenteil: Die Töchter der Familie freunden sich mit der alten Gespensterdame an und sind ihr am Ende bei der Erfüllung ihres größten Wunsches behilflich. Y. Fritzenwalder brilliert in der Rolle der Lady Cecilia und versetzt das Publikum mit ihren bravourösen Monologen in Erstaunen! Mit perfekt nach Werbemanier gesprochener „Produktplatzierung“ nimmt die Produktion nebenbei die Kommerzialisierung in der darstellenden Kultur komödienhaft aufs Korn. Musikalisch wurde die Geschichte um Lady Cecilia vom Unterstufenchor unter der Leitung von Frau Prigge unterstützt.

Die Szenecollage „Die Kunst des Spiels“ des DS-Kurses der E-Phase unter der Leitung von Frau Meichsner-Hoffmann widmete sich den vielfältigen Aspekten des Erwachsenwerdens. Szenen mit „Großen Gefühlen“ wechselten zu solchen mit Melancholie und Langeweile, oder rasanter Hektik, und regten die Zuschauer zum Nachdenken über das jeweilige Szenen-Setting an. Dass die wild umher jagenden Jugendlichen z.B. eine Kugel im Flipperautomaten spielten, wurde nicht auf den ersten Blick klar. Die zahlreichen Eindrücke der Szenen führten selten zu schneller Erkenntnis beim Zuschauer, was den Reiz des Zuschauens eindeutig steigerte. Ob Zapping im Fernsehen oder in Liebesbeziehungen, ob überdrehtes verbales Phrasendreschen oder Abhängen vor idiotischen Gameshows: Sowohl witzige als auch tiefgründige Ideen für die szenische Umsetzung bescherten den Zuschauern zahlreiche Schmunzelmomente, in denen man sich gern oder eben ungern an sein eigenes Heranwachsen erinnerte.

Die Theater-AG der Mittelstufe führte mit „167 Schüsse“ die stark mit Blei angereicherte Geschichte des Verbrecherpärchens Bonnie und Clyde auf. Clydes Alltag im Gefängnis bestand bis zu seiner Entlassung aus Essen bekommen und Abzählen der Gefangenen, immer wieder Essen und Abzählen. Nach seiner Entlassung sagt der Gangster zu seiner Geliebten Bonnie Parker: „Ich werde dich zerstören“, worauf sie entgegnet: „Ich liebe dich, ich bleibe!“. Die Geschichte nimmt also ihren Lauf, das gebrüllte „Das ist ein Überfall!“ wechselt sich ab mit Flucht und Schießereien. Die abschließende Schießerei ist es dann, die einer genaueren Analyse unterzogen wird: 167 Schüsse führen letztlich zum Tod des Gangsterpärchens, das in 4 Jahren für einen umgerechnet läppischen Tageslohn von 1,13 Dollar, bzw. 0,04 Cent Stundenlohn 14 Menschen auf seinen Raubzügen ermordet hatte. Eine düstere Bilanz des berühmten aber alles andere als harmlosen Verbrecherpärchens.

Den Abschluss machte der DS-Kurs der Q2 unter der Leitung von Frau Vala. Der Kurs investierte viel Zeit und Arbeit, sich Georg Büchners Drama „Woyzeck“ mit theatralischen Mitteln zu nähern.

Das Ergebnis konnte sich sehen lassen! Die Inszenierung war stellenweise unerträglich intensiv, die Charaktere der Büchnervorlage sehr gut getroffen. Herausragend: J. Freys leichtfüßiges Spiel überzeugte mit unübersehbarem schauspielerischen Talent und J. Turza, der mit aufgesetztem spanisch-deutsch-Akzent und freiem Oberkörper gekonnt den Verführer mimte – mutig! Die immer wieder nachdrücklich gestellte „Frage nach der Schuld“ wird prozesshaft aufgerollt: Am Ende ist klar, der Täter war selbst Opfer. Auch wenn er selbst den finalen Messerstreich führte, war er dennoch Opfer einer gleichgültigen Gesellschaft, die Tat hätte durch mehr Mitgefühl und Hilfe für die vertrackte Lage des Protagonisten verhindert werden können.

Die beachtliche Leistung des DS-Kurses wurde minutenlang mit donnerndem Applaus gefeiert!

B. Griesel

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